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Kolossal – Kranduett für neues Elektrostahlverfahren

 

24. November 2023 | Lucia Reinsprecht

Seit Anfang vergangenen Jahres verantwortete die Felbermayr-Kranvermietung Linz das Positionieren von Komponenten für die neue, rund 800 Meter lange Förderbandbrücke am voestalpine-Standort in Linz. Zum großen Finale kam es Anfang des Jahres. Unter Einsatz des 1.000-Tonnen-Raupenkrans und eines 300-Tonners wurden in einem spektakulären Tandemhub die letzten drei Elemente eingehoben.

Bis 2027 wird der weltweit tätige Stahl- und Technologiekonzern rund 1,5 Milliarden Euro für die technologische Umstellung auf eine „grüne“ Stahlproduktion investieren. Im Rahmen des Programms „greentec steel“ wird die voestalpine in einem ersten Schritt ab 2027 die bestehende kohlebasierte Hochofentechnologie durch eine grünstrombetriebene Elektrolichtbogenofentechnologie ersetzen und damit die CO2-Emissionen um bis zu 30 % reduzieren. Zur Schaffung der dafür benötigten Infrastruktur wurde am künftigen Standort mit den Bauarbeiten begonnen. Teil dieser Maßnahmen ist auch eine neue Förderstrecke für Rohstoffe. Auf mehreren Bändern befördert diese die „Gewürze“ für den Stahl – aus 15 Metern Tiefe auf über 50 Meter Höhe – zum zukünftigen Hybrid-Stahlwerk und kann so die LD-Tiegel und den Elektrolichtbogenofen versorgen. Mit dem Einsatz zahlreicher Mobil- und Raupenkrane mit bis zu 1.000 Tonnen Traglast und Hakenhöhen bis zu 160 Metern war Felbermayr zur Errichtung der Förderbandbrücke das ganze Jahr über am Gelände der voestalpine tätig.

Arbeiten bei laufendem Betrieb

Das geschäftige Treiben am Gelände eines großen Stahlproduzenten in Österreich war eine ganz spezielle Herausforderung, erinnert sich Michael Maier-Bauer, verantwortlicher Projektleiter seitens Felbermayr: „Für den Aufbau der Krane und die Hübe an sich waren wir in stetiger Abstimmung mit dem Betrieb. Auch der Platz für unsere Aufbauarbeiten war sehr begrenzt“. Oberste Prämisse war es, den Betrieb so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Dafür wurde gut koordiniert und nach den Hüben zügig wieder abgebaut.

Auftakt mit 800-Tonnen-Raupenkran

Stark genug, aber trotzdem platzsparend. Mit diesen Anforderungen ging das Team rund um Projektleiter Michael Maier-Bauer Ende 2022 in die Planungsphase. Stattliche 140 Meter Hakenhöhe bei einer Ausladung von 115 Metern und 200 Tonnen Heckballast sowie Derrickballast. Mit dieser Konfiguration ragte das 750-Tonnen-Kraftpaket LR 1750 Anfang Februar in die Höhe. 50 Lkw-Ladungen und vier Tage Rüstzeit waren allein für seinen Aufbau notwendig. „Dafür hatten wir gerade so Platz“, berichtet Maier-Bauer. In Absprache mit dem Betrieb wurden kurzzeitig ein Ladegleis sowie eine interne Zugverbindung gesperrt. Weniger Herausforderung als Routine waren dann die neun Schwerhübe für den ersten Abschnitt der Brücke. Beinahe mühelos schwebten die bis zu 50 Tonnen schweren Elemente am Haken des Raupenkrans an ihren Bestimmungsort. Somit konnte der erste Abschnitt binnen zwei Wochen erfolgreich abgeschlossen werden.

Tandemhübe mit Mobil- und Raupenkranen

Für den längsten Abschnitt mit 400 Metern Gesamtlänge arbeitete das Felbermayr-Team von Mitte April bis Ende Oktober. „Zwischen den Hüben mussten wir Pause machen, da die neuen Brückenteile vor Ort zusammengebaut wurden“, erläutert Maier-Bauer. Insgesamt sieben Elemente mit bis zu 180 Tonnen und bis zu 62 Metern Länge wurden zunächst mittels SPMT (aus dem engl.: Self-Propelled Modular Transporter) vom Montageplatz zu den Kranen transportiert. „Den Hub für das erste überirdisch gelegene Brückenelement haben wir mit einem 350-Tonner und einem 250-Tonner ausgeführt. Vom ersten Übergabeturm in 13 Metern Höhe mussten wir dann auf stärkere Hebetechnik umsteigen“, berichtet Maier-Bauer weiter. Somit kamen vier weitere Mobil- und Raupenkrane mit Hakenhöhen bis zu 43 Metern und 800 Tonnen maximaler Traglast zum Einsatz. Mit einem LR 1300 –  Raupenkran mit fix angebautem 62 Meter langem Teleskop – und einem LTM 1800 mit 204 Tonnen Ballast, wurde der Einsatz Ende Oktober vorerst beendet.

Millimeterarbeit mit 1.000-Tonner

Zum großen Finale für die Förderbandbrücke stellte das Felbermayr-Team Anfang des Jahres die beiden Kranschwergewichte LR 1300 und den 1000-Tonner LR 11000 in den Dienst. Um die bis zu 180 Tonnen schweren und 54 Meter langen Teile für den Anschluss an das Bestandsstahlwerk in 48 Metern Höhe zu positionieren, wurden die ersten beiden Elemente mit den beiden Kranen in Position gebracht und montiert. Den finalen Hub erledigte der LR 11000 im Alleingang mit einem 96 Meter langen Gittermastausleger und gesamt 570 Tonnen Ballast. Dabei wurde das letzte Teilstück mit einem Gewicht von 42 Tonnen auf eine Höhe von 48 Meter, bei einer Ausladung von 65 Metern, millimetergenau eingepasst.

 „Die Brückenteile werden mit Bolzen verbunden. Im Prinzip ist das wie Bauklötze zusammenzustecken, nur dass wir hier mit bis zu 180 Tonnen in fast 50 Metern Höhe millimetergenau die Löcher aneinander bringen“, berichtet Maier-Bauer. Anfang April wurde die neue Förderstrecke in Betrieb genommen. Nach der Demontage der alten Brücke im Frühsommer wurden dazu begleitend auch weitere nicht mehr benötigte Anlagen demontiert – um Platz zu schaffen, für den neuen Elektrolichtbogenofen und die Erweiterung des Stahlwerks zum Hybrid-Stahlwerk.