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Leitungsbau in alpinem Gelände

 

14. November 2023 | Lucia Reinsprecht

Dort arbeiten, wo andere keinen Fuß hinsetzen würden: Die Felbermayr-Niederlassung in Spittal an der Drau wurde mit der 110 Kilovolt Energieableitung des neuen Pumpspeicherkraftwerkes in der Reißeck-Gruppe beauftragt. Mit Sommer kommenden Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Der Verbund errichtet seit Juni 2021 am Reißecker Seenplateau auf 2.300 Metern das Kraftwerk „Reißeck II plus“, dessen Zugangsstollen neben einem ehemaligen Hotel beginnt. Das Kavernenkraftwerk im Inneren des Berges ergänzt das 2016 in Betrieb genommene Kraftwerks Reißeck II und nutzt den Höhenunterschied zwischen den beiden Mühldorfer Seen. Zwei Pumpturbinen mit einer Gesamtleistung von 45 Megawatt können bei Stromüberschuss erneuerbare Energie speichern und bei Mangel in Strom rückverwandeln.

Fünf Kilometer lange Baustelle
Eine rund fünf Kilometer lange Hochspannungsleitung wird den künftig im Pumpspeicherkraftwerk produzierten Strom ins Netz einspeisen. Sie beginnt in der Kaverne im Hochgebirge und führt ins Tal nach Kolbnitz auf 700 Metern Seehöhe. Im ersten Abschnitt von der Kaverne bis zur Bergstation am Schoberboden verlaufen die Stromleitungen im Tunnel beziehungsweise in Stahlrohren.

Anschließend werden Leerrohre in einer erdverlegten Künette in sehr steilem Gelände entlang des alten Schrägaufzuges von 2.200 Metern bis 1.500 Metern Seehöhe verlegt. Dieser Abschnitt hat es in sich, erfordert viel Expertise und Erfahrung. „Dort haben wir ein Gefälle von bis zu 45 Prozent“, beschreibt Ferdinand Wirnsberger, Niederlassungsleiter und setzt fort: „Selbst für unser sehr erfahrenes Personal ist es eine Herausforderung, sich hier jeden Tag sicher zu bewegen. Hier ist jeder Handgriff doppelt so anstrengend und das Wetter kann minutenschnell umschlagen.“

Eisenschirme gegen Steinschlag
Arbeitssicherheit wird großgeschrieben – um die Mannschaft beispielsweise vor Steinschlag zu schützen, werden in regelmäßigen Abständen Eisenschirme mit dem Helikopter aufgestellt und verankert. „Die Herstellung der Kabelkünette ist hier sehr aufwendig und erfordert spezielle Fachkräfte“, weiß Wirnsberger und verweist auf spezielles Gerät: „Das harte Gestein wird mittels Felsfräse und Hydromeißel mit vier gleichzeitig eingesetzten Schreitbaggern, welche mit Seilwinden gesichert sind, abgetragen.“

Zugentlastung für Kabel
Doch mit der Rohrverlegung allein ist es nicht getan. Die zugfesten Kabelschutzrohre mit 16 Zentimetern Außendurchmesser werden alle 140 Meter unterbrochen und die Kabel auf Betonfundamenten befestigt. „Das ist aufgrund der enormen Steigung des Geländes erforderlich, da sich aufgrund des Gewichtes das Kabel in die Länge ziehen würde“, erklärt Wirnsberger. Jedes der 14 Fundamente misst 2,5 x 1,5 Meter und wird mit jeweils neun Erdnägeln im Untergrund verankert. Hubschrauber fliegen Arbeitsmaterial, Bewehrung und Beton nach oben.

Im mittleren Abschnitt wird die ehemalige Bahntrasse der Reißeckbahn genützt. Hier werden Kabelkonsolen auf einer Gesamtlänge von etwa 1.400 Metern montiert und das Kabel mittels Metallabdeckung geschützt. Es werden einige Wegdurchlässe vergrößert und Rohr-Brücken errichtet. Im Talabschnitt erfolgt die Verlegung der Rohre großteils unter Gemeindestraßen bis zur Anschlussstelle in Kreuzeck. Die Querung der Mölltalbundesstraße erfolgt mittels grabenloser Spülbohrung.

Alles für den Naturschutz
Im steilen Gelände erfolgt die Rohrbettung mit aufbereitetem Material. Im Straßenbereich werden Datenkabel mitgelegt und die Bettung erfolgt auf Sand. Generell dreht sich alles um den Naturschutz. „Der wird auf der gesamten Baustelle großgeschrieben. Der bestehende Humus oder die Rasensoden werden abgetragen, seitlich verpflanzt und wieder angedeckt. Auf allen steilen und sensiblen Flächen wird ein Kokosgewebe verlegt. Die Einsaat erfolgt mittels eigener Spezialsaat, welche auf die jeweilige Seehöhe abgestimmt ist“, berichtet Wirnsberger über ökologische Maßnahmen.

Im steinigen Hochgebirge seien die ökologischen Begleitmaßnahmen noch aufwendiger: „Hier werden die bestehenden Rasensoden, Humusflecken und Grasbüschel händisch abgetragen, seitlich gelagert und nach den Grabungsarbeiten wieder an den ursprünglichen Ort verpflanzt.“ Das alles geschieht in enger Abstimmung mit der ökologischen Bauaufsicht.

Derzeit sind auf der Baustelle 20 Mitarbeiter beschäftigt, nach der Winterpause sollen die Arbeiten im März 2024 wieder beginnen. Die Fertigstellung der Großbaustelle ist mit Sommer 2024 geplant.

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