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Transportkrimi im Zentimeterbereich_DE

 

20. Oktober 2023 | Markus Lackner

In Sachsen sah sich Felbermayr mit einer besonderen Herausforderung konfrontiert: Ein 32 Meter langes Passagierschiff sollte nicht wie geplant 110, sondern kurzfristig 375 Kilometer auf der Straße zu einem See transportiert werden. Grund dafür waren ausbleibende Niederschläge und daraus resultierendes Niedrigwasser im vergangenen Sommer.

Eine Werft in Niederkassel erneuerte das Schiff und stattete es mit einem Elektroantrieb aus. Die Reise an den neuen Einsatzort am Berzdorfer See bei Görlitz begann im Sommer am Rhein und sollte auf der Elbe nach Dresden führen. Für den Straßentransport auf den letzten 110 Kilometern nach Görlitz arbeitete das Team der Felbermayr Transport- und Hebetechnik Lauterach eine Lösung aus. Zwei 200-Tonnen-Mobilkrane vom Standort Bautzen sollten das 77-Tonnen-Schiff schließlich ins Wasser kranen.

Niedrigwasser

So weit, so gut. „Doch kurz vor knapp kam alles anders. Zwei Wochen vor dem Transporttermin hat uns die Werft um Unterstützung gebeten, weil das Schiff aufgrund des Elbe-Niedrigwassers nur bis Vahldorf bei Magdeburg fahren konnte – aus 110 Straßenkilometern waren somit 375 geworden“, sagt Ingo Müller, welcher als technischer Projektleiter vom Standort Lauterach auch für die Errichtung des  Brenner-Basistunnels schon komplexe Transporte für Schwergutkomponenten ausarbeitete. „Doch für eine 46,5 Meter lange, 6,1 Meter breite und 4,55 Meter hohe Schwerlast-Modulkombination mit 163 Tonnen Gesamtgewicht musste zuerst einmal eine geeignete Fahrstrecke gefunden, geprüft und bewilligt werden“, merkt Müller an. Zudem kamen Autobahnabschnitte aufgrund von Baustellen nicht infrage. „Die Planung ist dann für uns entsprechend schwierig und noch ein richtiger Krimi geworden“, schildert Müller weiter und ergänzt: „In Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Standort Bautzen in der Oberlausitz ist uns die dann jedoch gelungen.“ Die Herausforderung wurde in zwei Transportnächten Anfang August gemeistert, Nervenkitzel inklusive: An einigen Passagen blieben bei Engstellen – wie zuvor vor Ort speziell begutachtet, auf CAD simuliert und verifiziert – nur wenige Zentimeter zwischen Schiff und Hauswänden oder anderen Hindernissen. Seit August fährt die „EMS Berzdorf“ am Berzdorfer See Linie. Die einstige Grube des Kohletagebaus war bis 2013 geflutet worden. Der See und die Umgebung sind mittlerweile ein gut frequentiertes Naherholungsgebiet und Freizeitzentrum im Südwesten von Sachsen.