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382-Tonnen-Kolonne mit Towerlift eingehoben

 

19. Juni 2015 | Markus Lackner

Mitte Juni erreichte eine 382 Tonnen schwere Kolonne den Alberner Hafen in Wien. Bestimmungsort des mehr als 24 Meter langen Stahlkolosses war die Raffinerie der OMV in Wien/Schwechat. Schon der Transport dorthin forderte die Mitarbeiter der Felbermayr Transport- und Hebetechnik. So musste zum Beispiel eine Behelfsauffahrt zur Autobahn errichtet und eine Brücke mit hydraulischen Pressen verstärkt werden. Doch bis zur Fundamentstellung des Behältnisses für die Entschwefelungsanlage öffneten sich noch weitere Hindernisse. Schlussendlich wurde der Auftrag Ende Juni 2015 erfolgreich abgeschlossen.

„Das ist nichts Alltägliches, was wir da machten”, eröffnet Günther Wimmer von der Felbermayr Transport- und Hebetechnik das Gespräch über das, maßgeblich von Felbermayr-Geschäftsführer Wolfgang Schellerer, konzipierte Projekt. Etwa fünf Terabyte an Datenmaterial hätten sich in den mehr als 2,5 Jahren Ausarbeitungsphase angehäuft. Doch nachdem die Kolonne auf der Felbermayr-Umschlagsfläche im Alberner Hafen angekommen war und alles gespannt auf den Hub vom Schiff auf den Tieflader wartete, war alles zu Ende gedacht. Zumindest in der Theorie. Denn ob alles wirklich so funktionieren würde, wie es mit den Detailstudien am Computer geplant war, stellte sich erst später heraus.

Premiere im Alberner Hafen

Mehr als 40 Lkw-Transporte waren nötig, um den LR1600 zum Einsatzort am Alberner Hafen zu bringen. Bei einem Einsatzgewicht von rund 780 Tonnen schafft das Hightech-Gerät 600 Tonnen Traglast. Das entspricht etwa dem Gewicht von 500 Mittelklassewagen. „Beim Ausladen der 382 Tonnen schweren Kolonne erreichte der 42 Meter lange Hauptausleger eine Ausladung von 16 Meter”, erklärt Wimmer. Danach setzte er mit schwebender Last sechs Meter zurück und schwenkte anschließend etwa 65 Grad nach links, um die Last anschließend auf dem Tieflader abzusetzen. Das alles ging nahezu in Zeitlupe vor sich. Für eine bestmögliche Gewichtsverteilung wurde dazu eine 180 Quadratmeter große Fahrfläche mit Bongossihölzern ausgelegt. Darauf verteilte sich die Masse ideal und das Gewicht von Kran und Kolonne wurde optimal in den Untergrund abgeleitet. Nach etwa einer Stunde war der Hub abgeschlossen und die Ladung auf einem 18-achsigen Tieflader platziert. Jetzt konnte mit der Ladungssicherung für den bevorstehenden Transport begonnen werden.

Technik überlistet Brückenstatik

Am Abend des 20. Juni ging es los. 1.300 Pferdestärken schnurrten ruhig auf Standgas dahin. Alles war vorbereitet für die erste Etappe. „Diese führte uns vom Umschlag- und Lagerplatz am Alberner Hafen bis zum etwa sieben Kilometer entfernten Werksgelände der OMV-Raffinerie. Als Zug- und Schubmaschine kamen zwei Mercedes Actros mit Drei-Achs-Antrieb zum Einsatz. Um die nötige Traktion zu erreichen, waren die Maschinen auf jeweils 35 Tonnen aufballastiert”, erklärt Wimmer. Zusammen mit dem Tieflader und der Kolonne wurde somit ein Transportgesamtgewicht von rund 570 Tonnen erreicht. Nach etwa einer Stunde Fahrt und rund zwei zurückgelegten Kilometern war die Schwechat-Brücke erreicht. Da die Tragkraft der Brücke nicht den statischen Anforderungen des Transports gewachsen war, mussten laut Wimmer spezielle Maßnahmen gesetzt werden: „Dazu wurde mittels einer speziellen Stahlkonstruktion unter der Brücke ein Gegendruck aufgebaut. Über eine technisch aufwendige Sensorik wurde dieser Gegendruck kontinuierlich der aktuellen Belastung angepasst und reichte somit von rund 50 bis 200 Bar. Um allfällige Folgeschäden dokumentieren zu können, wurde die Brücke während der Überfahrt mit einem sogenannten Bridge Monitoring System zusätzlich überwacht.” Diese Technologie ermöglicht es, theoretisch mögliche Beeinträchtigungen von Brücken anhand des Schwingungsverhaltens aufzuzeichnen. Somit kann der Zustand nach der Überfahrt mit dem Zustand vorher verglichen werden.

Weitere Schlüsselstellen auf dem Weg zur OMV waren die Ortsdurchfahrt von Mannswörth und die Auffahrt auf die A4. Große Unsicherheiten bei Schwertransporten seien auch immer wieder parkende Pkw entlang von Straßen. Um das zu verhindern, wurden schon im Vorfeld Flugzettel verteilt. Laut Wimmer sei die Bevölkerung da aber immer sehr verständnisvoll und halte sich auch an die nötigen Halte- und Parkanweisungen. Um etwa ein Uhr nachts war der Schwertransport über eine Behelfsauffahrt auf die A4 aufgefahren, hat sie gequert und ist anschließend etwa einen Kilometer auf der Gegenfahrbahn in Richtung Danubiabrücke gefahren. Dort hat der insgesamt 52 Meter lange Schwertransport die Autobahn wieder verlassen und erreichte gegen zwei Uhr früh das Werksgelände der OMV.

Power mit Towerlift

Unzureichende statische Verhältnisse und eine Rohrbrücke machten es dem 38-köpfigen Transportteam weiter schwer. So konnte bereits kurz nach der Einfahrt eine Rohrbrücke nicht unterfahren werden. „Um mit dem rund sieben Meter hohen Transport dennoch durchzukommen, wurde von unserer Abteilung Schwermontage ein Verschlittsytem aufgestellt. Damit war es möglich, die Kolonne vom Tieflader abzuladen und unter der Rohrbrücke durchzuschlitten“, erklärt Wimmer. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde der Stahlkoloss dann auf einem 16-achsigen Selbstfahrer abgesetzt und zum eigentlichen Zielstandort gefahren.

Da aufgrund von Boden- und Platzverhältnissen ein Hub mittels Kran nicht möglich war, kam zum großen Finale eine Kippvorrichtung zum Einsatz. „Dabei haben unsere Krefelder Kollegen von der Schwermontage Großartiges geleistet”, sagt Wimmer. Denn für das Hochdrehen der Kolonne mittels Kippvorrichtung war das Aufstellen eines 36 Meter hohen Towerlifts nötig. Dazu wurden in einer einwöchigen Aktion etwa 160 Tonnen Stahl verbaut. Für die endgültige Fundamentstellung wurde dann am unteren Ende des Behälters die Kippvorrichtung montiert. Am oberen Ende wurden die Litzen des Towerlifts angeschlagen. Mittels Heber wurden dann die Litzen nach oben gezogen und der SPMT fuhr kontinuierlich nach, während der Behälter über die Kippvorrichtung in die Vertikale gebracht werden konnte. „Dieser Vorgang dauerte etwa fünf Stunden”, stellt Wimmer fest. Jetzt folgte die Demontage der Kippvorrichtung vom SPMT und die Kolonne wurde hochgehoben. Etwa weitere fünf Stunden dauerte es, bis dieser Reaktor mittels dem schienengelagerten Towerlift rund acht Meter seitlich verfahren, um 36 Grad gedreht und auf dem Fundament abgesetzt werden konnte. Damit war dann in einem technisch anspruchsvollen Finale auch die Kür erfolgreich zu Ende gebracht.

In weiterer Folge wird der Hightech-Stahlkoloss noch seitens des Auftraggebers OMV in die Entschwefelungsanlage der Raffinerie eingebunden, um einen bestehenden Behälter aus den 80er-Jahren zu ersetzen.

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