Alpine Schwertransporte für Speicherkraftwerk
6. Dezember 2017 | Markus Lackner
Das Projekt hatte eine Vorlaufzeit von zwei Jahren“, sagt Projektleiter Josef Ammann vom Felbermayr-Tochterunternehmen Bau-Trans. Auf die Frage warum das so lange dauerte, hat er eine klare Antwort: „Wir mussten aufgrund altersbedingter Beeinträchtigung mehr als 60 Brücken statisch nachrechnen, um die nötigen Genehmigungen zu erhalten“. Und das sei eben mit viel Aufwand und somit auch Zeit und Geld verbunden. Betroffen davon waren primär Brückenbauwerke auf österreichischer Seite. Denn in der Schweiz gebe es beispielsweise ausgewiesene Schwerlastrouten, welche die Planung sehr vereinfachen. Aber in Österreich und auch in Deutschland werde es zunehmend schwieriger, geeignete Strecken zu finden, lässt Ammann wissen.
Verkehrsträger Straße und Schiene
Die dreizehn Schwergutkomponenten hatten Ausgangsorte in Österreich, der Schweiz und Italien. Als Umschlagpunkt und für die Endmontage einiger Komponenten diente der etwa zehn Kilometer südöstlich von Bludenz gelegene Standort des Energieversorgers. So wurden die drei Trafos mit Stückgewichten von zweimal 152 Tonnen und einmal 77,5 Tonnen in einem oberösterreichischen Transformatorenwerk gefertigt. Die schwereren Spannungswandler wurden per Bahn ins Montafon geliefert. Der leichtere der beiden konnte aufgrund des geringeren Gewichts per Straße geliefert werden.
Die vier Kugelschieber mit Stückgewichten von 120 bis 145 Tonnen hatten ihre Ausgangsorte in Deutschland, der Schweiz und Italien. Aufgrund einer unzulänglichen Traglast vieler Brücken wurden diese überdimensionalen „Wasserhähne“ mit einer Länge und Breite von etwa fünf Metern und einer Höhe von rund vier Metern in zerlegtem Zustand geliefert. Die Endmontage erfolgte beim Empfänger.
Die vier Statorteile für den Generator hatten die Schweiz als Ursprungsland. Als Transportmitteldafür kam eine HubhebelbrückezumEinsatz.„Damit können wir die Last anheben, um beispielsweise Kreisverkehre oder Leitschienen bei engen Kurvenradien überwinden zu können“, erklärt Ammann die Vorzüge dieses Spezialfahrzeugs. Die zwei Statorunterteile sind bei einem Gewicht von 128 Tonnen 9,5 Meter lang, 3,9 Meter breit und und 4,1 Meter hoch. Die beiden Stator-oberteile haben 114 Tonnen und sind acht Meter lang und je 4,1 Meter breit und hoch. „Einige Brücken mussten aufgrund der hohen Gewichte im Hundegang überfahren werden“, sagt Ammann und erklärt, dass dabei die durch die Auflagefläche getrennten vorderen und hinteren Achsen, versetzt, auf der linken beziehungsweise rechten Fahrspur dahinrollen. Damit wird die Last auf die beiden Fahrbahnspuren aufgeteilt, wodurch mehr Gewicht transportiert werden kann. Der aus Italien angelieferte Rotorzentralkörper konnte aufgrund unzureichender Tragfähigkeit von Brücken nicht direkt ins Montafon geliefert werden. Die Wegstrecke musste großräumig zum Zielort geführt werden. Das machte für den Schwertransport einen Umweg von etwa 600 Kilometern nötig.
PST schafft neunzehn Prozent Querneigung
So richtig zur Sache ging es auf den letzten dreizehn Kilometern auf der Silvretta-Hochalpenstraße. „Dabei hatten wir Steigungen und Gefälle von zwölf Prozent zu bewältigen. Doch das war noch das geringere Problem“, sagt Ammann. Noch anspruchsvoller waren Querneigungen von bis zu neunzehn Prozent und enge Kurvenradien. Das war auch der Grund für den Einsatz des PST. Denn andere Fahrzeugvarianten wären mit 2,5 Metern zu wenig breit gewesen. Dazu Ammann: „Das hätte für die hohen Schwerpunkte bei den Transporten nicht gereicht und hätte die Kippgefahr massiv erhöht.“ Darum fiel die Entscheidung auf den drei Meter breiten PST. Damit konnte eine bessere Standfestigkeit erreicht werden. Bei Kehre 24 verließen die Transporte dann die auch vom Tourismus geschätzte Hochalpenstraße. Was folgte, war die Einfahrt zur Kaverne und etwa 1.000 Meter Tunnelfahrt bis zum Maschinenhaus. Dabei waren bis zu 15 Prozent Gefälle zu bewältigen.
In der Maschinenkaverne wurden die Komponenten dann mit einem Portalkran abgeladen. Die Fundamentstellung der Transformatoren wurde durch Mitarbeiter von Bau-Trans durchgeführt. Dabei wurden die Spannungswandler mittels sogenannter Greifzüge auf einem Schienensystem, seitlich – etwa 60 Meter, in die Trafokaverne verzogen und anschließend fixiert.
Mit Ausnahme von Sondertransporten mit Stückgewichten bis zu 42 Tonnen waren die wesentlichen Transport- und Schwermontagearbeiten Mitte Oktober abgeschlossen. Die Inbetriebnahme der Kraftwerkserweiterung ist für 2018 geplant. Dann wird das Obervermuntwerk II einen wesentlichen Teil zur Abdeckung von Spitzenzeiten einnehmen. Nämlich dann, wenn beispielsweise Wind- und Fotovoltaikanlagen nicht ausreichend produzieren können. Denn die Tatsache, dass immer genau so viel Strom produziert werden muss wie verbraucht wird, bleibt auch in Zukunft ein entscheidendes Kriterium für den nötigen Energiemix.