Geballte Kraft für Windpark
20. Juni 2017 | Markus Lackner
„Wir wären bereits Mitte April hubbereit gewesen“, sagt Günther Wimmer von der Felbermayr-Projektabteilung, die auch auf multimodale Lösungen für besonders schwere Industriegüter spezialisiert ist. „Aufgrund anhaltend winterlicher Bedingungen konnte aber die Behelfsstraße zur Baustelle erst Anfang Mai fertiggestellt werden“, erklärt der erfahrene Schwertransportspezialist.
Wen wundert´s, so liegt doch der Umladeplatz für die bis zu 67 Tonnen schweren Komponenten bereits auf 1.400 Höhenmeter. Von dort führt eine Landstraße auf komfortablen 2,35 Kilometern in Richtung Baustelle. Weiter geht es dann für etwa zwei Kilometer auf einer Forststraße. Die letzten sieben Kilometer bis zur etwa 1.700 Meter hoch gelegenen Windkraftbaustelle werden auf einer Behelfsstraße zurückgelegt. Ein schwieriges Unterfangen mit großen Herausforderungen, das nur mit Spezialtransportfahrzeugen zu bewältigen ist.
Transportequipment für Windkraftanlagen
Doch spezielle Tieflader kommen nicht nur unmittelbar vor der Baustelle zum Einsatz, sondern auch für die Überlandtransporte vom Herstellerwerk bis zum Umschlagplatz. So kamen für die bis zu 1.300 Kilometer langen Wegstrecken beispielsweise sogenannte Bladetrailer für die 39,5 Meter langen und 9,6 Tonnen schweren Rotorblätter zum Einsatz. Die Turmsegmente mit 11,33 Meter Länge und einem Durchmesser von 4,4 Meter werden freitragend mit sogenannten Towerliftern transportiert. Aber auch doppelt teleskopierbare Semitieflader kommen für die in Konvois von bis zu drei Fahrzeugen zu transportierenden Anlagenteile zum Einsatz. Ausgangsorte für die insgesamt 208 Straßentransporte sind Magdeburg, Aurich und Emden in Deutschland. Aufgrund der mit Verzögerung fertiggestellten Behelfsstraße zur Baustelle musste auch ein Zwischenlagerplatz gefunden werden, da es vor Ort keine geeignete Fläche gab. Dieser wurde auf dem Gelände des Felbermayr-Schwerlasthafens in Linz gefunden.
Bladelifter meistert 20 Prozent Steigung
Wenngleich es auch bei den Ferntransporten zahlreiche Kreisverkehre und Signalanlagen zu bezwingen gab, die größte Herausforderung seien laut Wimmer die Bergtransporte. So waren dabei enge Kurvenradien und Steigungen von bis zu 20 Prozent zu bewältigen. Mittels Bladelifter kann der Flügel um 60 Grad hochgestellt werden. Somit ist auch das Bezwingen von engen, mit Bäumen gesäumten, Kurvenradien möglich. Acht Schwerlastachsen, gezogen und geschoben von zwei Schwerlastzugmaschinen, gewährleisten die nötige Gewichtsverteilung beziehungsweise Traktion auf dem schwierigen Gelände.
Mobilkran mit Y-Abspannung zur Traglaststeigerung
Eine Baustelle oberhalb der Waldgrenze bedeutet auch für die Hebetechnik schwierige Bedingungen. So war es auch für den 607-PS-starken LTM 1750 aus dem Hause Liebherr kein einfaches Unterfangen, den Arbeitsplatz auf 1.700 Metern Seehöhe zu erreichen. Es erforderte viel Geschick vom Kranfahrer, der das 108 Tonnen schwere Hightech-Hubgerät sicher durch die Berglandschaft chauffierte. Auch die sechs Transporte mit 144 Tonnen Kranballast und Auslegerelementen sowie der Hilfskran mit 200 Tonnen maximaler Traglast erreichten sicher die Baustelle.
Nach einer Rüstzeit von zwei Tagen war der Kran mit 144 Tonnen aufballastiert und mit Y-Abspannung zur Traglaststeigerung ausgestattet, hubbereit. „Zum Aufstellen einer Anlage war seitens Auftraggeber eine Woche vorgesehen“, nennt Wimmer den straffen Zeitplan. In dieser Zeit waren fünf Turmteile mit Gewichten von 25,5 bis 66,64 Tonnen, das Maschinenhaus mit Nabe und Stator und die drei Rotorblätter einzuheben. „Die Flügel dieses Anlagentyps werden grundsätzlich am Boden vormontiert und dann mit sogenannter Sternmontage auf dem Maschinenhaus montiert“. Aufgrund der teils sehr unebenen Bodenfläche war das aber nicht immer möglich. Dann mussten die drei Flügel einzeln zur 78 Meter hoch gelegenen Nabe gekrant werden. „Das erfordert viel Zeit und stabile Windverhältnisse“, merkt Wimmer an. Ein wesentlicher Vorteil für die Vormontage am Boden ist aber auch der Sicherheitsaspekt, da nicht alle Hübe in große Höhe führen.
Trotz schwieriger Wetterverhältnisse wie Starkregen und Sturmböen solle es durch intensive Arbeitsleistung möglich sein, die letzte Anlage auf der Handalm noch im August fertigzustellen, zeigen sich die Projektbetreiber optimistisch. Möglich ist das nur aufgrund der Erfahrung des 29-köpfigen Felbermayr-Teams und aller am Projekt beteiligten Unternehmen. Denn auch die beste Technik kann nur leisten was von ihr gefordert wird.
Bis Jahresende sollen die 13 Anlagen mit einem Flügeldurchmesser von 82 Metern dann ans Netz gehen. Mit einer Gesamtleistung von 30 Megawatt werden sie dann erneuerbare Energie für rund 21.000 Haushalte liefern können. Somit ist der Windpark auch der bislang leistungsfähigste im Süden Österreichs. Aber nicht nur technische Daten, auch die penible Einhaltung von mehr als einhundert Umweltauflagen waren bei der Realisierung des Projektes von wesentlicher Bedeutung. Somit konnte der Schutz der Tierwelt sowie der umliegenden Almen und Waldflächen bestmöglich gewährleistet werden.