„Grüne Welle“ für Spezialtransport Slider

„Grüne Welle“ für Spezialtransport

 

22. Februar 2021 | Markus Lackner

Einen Auftrag mit Seltenheitswert meisterten die Mitarbeiter der Felbermayr-Niederlassung Lanzendorf bei Wien Mitte Februar. Dabei wurde eine 22 Meter hohe und 12 Meter breite Platane in der Wiener Innenstadt zu einem rund 350 Meter entfernten Standort per Spezialtransport übersiedelt. Zum Einsatz kamen dafür zwei Mobilkrane und ein Tieflader mit Sattelzugmaschine.

Seit etwa 1940 schlug die inzwischen 22 Meter hohe Platane im achten Wiener Gemeindebezirk ihre Wurzeln. Jetzt, etwa 80 Jahre danach muss sie dem Bau einer U-Bahn-Station weichen. Im Vorjahr wurde eine europaweite Ausschreibung für die Übersiedelung durchgeführt, einige lehnten wegen Undurchführbarkeit ab, andere wiederum machten Angebote, die den Wiener Linien zu teuer waren. Doch aufgrund zahlreicher Interventionen von Naturliebhabern sollte der Baum in letzter Sekunde doch noch gerettet werden und einen neuen Platz bekommen. Mit der Übersiedelung dieses 22 Meter hohen ahornblättrigen Gewächses wurde die Felbermayr-Abteilung für Spezialtransporte in Lanzendorf bei Wien beauftragt. Und da der schmucke Baum laut Gutachten in übersiedelungsfähigen Zustand rund 42 Tonnen auf die Waage bringen sollte, kamen dafür zwei stattliche Mobilkrane von Felbermayr zum Einsatz.

Spezialtransport und Kraneinsatz zur Geisterstunde

Nur rund drei Wochen dauerten die Vorbereitungen für diesen Großeinsatz zu nächtlicher Stunde, für den auch zahlreiche Genehmigungen nötig waren. Das größte Problem sei laut Thomas Daxelmüller die Höhe des Baumes gewesen: „Ein liegender Transport wäre einfach gewesen, kam aber nicht in Frage, da dabei zahlreiche Äste gebrochen wären“, erklärt Daxelmüller, der auch die Kranabteilung bei Felbermayr in Lanzendorf leitet. Somit musste ein Konzept erarbeitet werden, um die Platane „erhobenen Hauptes“ zu ihrem neuen, etwa 350 Meter entfernten Standort zu übersiedeln.

Transportfähig verpackt wurde der Baum, indem rund um den Wurzelbereich ein Spundwandkasten errichtet wurde. An diesem wurde er dann mittels Textilschlingen und einem Heberahmen an der Kranflasche angeschlagen. „Inklusive dieser Stahlkonstruktion erreichte der Baum ein Gewicht von rund 55 Tonnen“, schildert Daxelmüller. Werden dann noch das Gewicht des Tiefladers und der Sattelzugmaschine hinzugerechnet, kommt man auf knapp 86 Tonnen. „Damit waren wir statisch betrachtet sehr nah an der zulässigen Belastbarkeit der Fahrbahn“, merkt Daxelmüller an und weist auf die bestehende, nur 1,4 Meter unter der Fahrbahn liegende U-Bahn sowie auf die zahlreichen unterirdischen Leitungen unterhalb der Transportroute und der Kranstellplätze hin. Deshalb wurde aus Sicherheitsgründen auch ein Live-Monitoring im U-Bahn-Tunnel durchgeführt, um allfällig entstehende Veränderungen dokumentieren zu können.

Zu guter Letzt sei aber alles laut Plan gelaufen und die 80-jährige Platane erreichte noch vor dem Einsetzen des Frühverkehrs ihren neuen Standplatz im 1. Wiener Gemeindebezirk unweit des Justizpalastes. Für das Ausheben des Baumes war noch ein Mobilkran (LTM 1350-6.1 von Liebherr) mit 350 Tonnen maximaler Traglast und 100 Tonnen Ballast ausreichend. Für das Einheben des Baumes am Zielort war mit etwa 23 Metern die benötigte Ausladung aber fast doppelt so weit. „Deshalb ist dort ein LTM 1450-8.1 mit 134 Tonnen Ballast und einer maximalen Traglast von 450 Tonnen zum Einsatz gekommen“, erklärt Daxelmüller.

Schwerlastequipment für Herzensangelegenheit

„Für die Wiener sei der Umzug des Baumes eine Herzensangelegenheit gewesen“, ist Daxelmüller überzeugt. Darum freut er sich auch, dass der minutiös geplante Umzug dieser symbolhaft übersiedelten Platane gelungen ist. Und das trotz zahlreicher Zweifler, die das nicht für möglich gehalten haben. Vergessen ist somit auch der hohe Aufwand für diesen nächtlichen Spezialtransport, denn es mussten ergänzend zu den schwierigen örtlichen Bedingungen rund 3.000 Anrainer schriftlich verständigt, Umleitungen und Straßensperren errichtet sowie „Polizeischutz“ und ein Security-Team zum Freihalten der Straße beauftragt werden. „Standing Ovations von Passanten und nur mit Schlafrock bekleideter Menschen, die aus umliegenden Fenstern applaudierten, machten aber alle Anstrengung vergessen“, freut sich Daxelmüller und dankt allen Beteiligten. Bleibt nur zu hoffen, dass auch die Platane den Aufwand zu schätzen weiß und schon bald wieder Wurzeln schlagen wird. Doch auch daran wollen wir nicht zweifeln.