Geballte Power für Windkraft
30. April 2025
„Bei diesem Projekt handelte es sich um Just-in-time-Lieferungen. Dabei muss jeder Transport akribisch geplant und zeitgerecht durchgeführt werden“, erzählt Patrick Pühringer, Projektmanager der Windkraft Transporte bei Felbermayr. Fast 200 Transporte so zu timen, dass diese zum richtigen Zeitpunkt ankommen und Stehzeiten der Krane somit vermieden werden, das sei eine einzigartige Herausforderung und ein Fulltime-Job mit zahlreichen schlaflosen Nächten gewesen – selbst für den erfahrenen Schwertransportspezialisten. Über 14 Wochen hinweg koordinierte das Felbermayr-Team wöchentlich 18 Schwertransporte mit bis zu 74 Metern Länge. „Damit keine Informationen verloren gehen, standen wir mit der Projektabteilung, die die Hübe vor Ort verantwortete in enger Abstimmung“, so Pühringer. Ein Großprojekt, das neben einer stetigen Abstimmung vor allem auch eines großen Erfahrungsschatzes bedarf.
283 Windkraftanlagen in drei Jahren
Der Transport und die Errichtung von Windkraftanlagen gelten als besonderer „Kraftakt“ gespickt mit zahlreichen Herausforderungen. Allein in den vergangenen drei Jahren hat das Felbermayr-Team so rund 283 Windkraftanlagen in ganz Österreich und Deutschland transportiert und errichtet. Dabei stecke, neben den eigentlichen Transporten, vor allem in der Vorbereitung ein immenser Aufwand. „Unsere Planung hat bereits ein halbes Jahr zuvor begonnen“, erzählt Pühringer.
Neben der Zollabwicklung an den Häfen verantwortete das Felbermayr-Team zudem das Einholen zahlreicher Routengenehmigungen. „Für dieses Projekt, haben wir bereits Anfang des Jahres über 250 Routengenehmigungen beantragt“, so Pühringer. Hinzu kommt die Koordination der Begleitfahrzeuge, der BF4-Fahrzeuge sowie mit der Polizei. „Für ein Set der Drittelschalen haben wir in Deutschland sechs Begleiter, sogenannte ‚Verwaltungshelfer‘ benötigt. In Österreich waren es dann neun Straßenaufsichtsorgane“, verdeutlicht Pühringer.
Da vielerorts die Streckenabschnitte nicht auf den Transport in derartigen Längen und Breiten ausgelegt sind, müssen zudem zahlreiche sogenannte „verkehrslenkende Maßnahmen“ durchgeführt werden. Dafür habe das Felbermayr-Team einen eigenen Werkstattbus im Einsatz. „Mit diesem können wir Schilder ziehen, Platten auslegen, Bäume schneiden und weitere Verkehrsregelungen vornehmen“, erklärt Pühringer.

Umfangreiches Transportequipment
Neben einer ausgeklügelten Vorbereitung bedarf der Transport von Windkraftanlagen auch spezieller Transporttechnik, die in dieser Menge auch zur Verfügung stehen muss. „Die Fahrzeuge haben wir bereits im März eingeteilt“, verrät Pühringer und ergänzt: „Zusätzlich zur Flotte aus Wels haben uns auch die Niederlassungen in Lanzendorf und Graz bei diesem Projekt unterstützt“. Bei Felbermayr halte man eben zusammen, lobt Pühringer den Einsatz.
Für die Transporte waren vier verschiedene Fahrzeugtypen im Einsatz: Super-Wing-Carrier,– speziell für den Transport von Rotorblättern gefertigte Fahrzeuge – teleskopierbare Platteausattel für die überbreiten und besonders langen Drittelschalen, Semitieflader mit einer Ladehöhe von 90 Zentimetern für die besonders schweren Komponenten wie Maschinenhaus, Getriebe und Rotorkopf, sowie die kürzlich in der Werkstatt restaurierten Liftadapter für die bis zu 30 Meter langen Turmsektionen. Nach der Ladung in Cuxhaven ging es für die Transport-Konvois in rund drei bis vier Nächten über Hannover, Magdeburg, Nürnberg und München, vorbei am Grenzübergang Suben nach Wien über die Autobahn und schließlich nach Engelhartstetten.
Zwei Raupenkrane und zwei Mobilkrane im Einsatz
Auch am Standort der neuen Windkraftanlagen stand das Felbermayr-Team vor einer besonderen logistischen Herausforderung. „Wir hatten insgesamt zwei 800-Tonnen-Großkrane sowie zwei Hilfskrane mit einer Traglast von 250 und 160 Tonnen gleichzeitig im Einsatz“, fasst Tina Wagner, Projektleiterin der Felbermayr Transport- und Hebetechnik zusammen.

Die Hilfskrane waren zunächst dafür zuständig, die ankommenden Komponenten auf den vorgesehenen Standflächen abzusetzen. „Die Türme der Anlagen sind sogenannte Large Diameter Steel Towers (LDST). Diese werden in Drittelschalen geliefert und mit unseren Hilfskranen sowie einem Montageteam vor Ort zusammengebaut“, erklärt Wagner. Nachdem die ersten Turmabschnitte montiert waren, übernahmen die beiden 800-Tonnen-Raupenkrane simultan den Aufbau der Anlagen.
„Wir konnten die ersten drei Turmsegmente bis zu einer Höhe von 135 Metern ohne feste Spitze mit dem F Kopfstück montieren. Für den Hauptteil, inklusive des 70 Tonnen schweren Maschinenhauses, des 65 Tonnen schweren Getriebes, der 35 Tonnen schweren Nabe und der drei 16 Tonnen schweren Rotorblätter, mussten wir die Ausleger mit einer festen Spitze auf eine Hakenhöhe von 183 Metern verlängern“, berichtet Wagner. Allein das Verlängern des Hauptauslegers beanspruchte einen ganzen Arbeitstag. „Aufgrund der Platzverhältnisse vor Ort mussten wir außerdem immer wieder das Umrüsten und Umstellen der beiden Großkrane koordinieren, da die Lkws zur Anlieferung der Kranteile nur fahren konnten, wenn der andere Ausleger nicht aufgerüstet wurde“, erklärt Wagner weiter. Zusätzlich forderte eine öffentliche Straße zwischen zwei der Anlagen das Felbermayr-Projektteam. Um mit dem Krankoloss die Straße passieren zu dürfen, mussten Genehmigungen für Fahrwerk und Oberwagen eingeholt sowie Begleitfahrzeuge organisiert werden.

Ende September war es dann so weit. Mit dem Einhub des letzten Rotorblattes feierten Transport- und Projektabteilung den erfolgreichen Abschluss des Projekts. „Vor einem Jahr standen wir vor einer gewaltigen Aufgabe, die wir in diesem Ausmaß nur selten haben. Dank unserer engmaschigen Abstimmung und unseres erfahrenen Teams konnten wir aber auch hier einen reibungslosen Ablauf gewährleisten“, resümiert Pühringer. „Ich bin stolz und auch erleichtert, dass wir trotz zahlreicher Hürden wieder einmal unser Können unter Beweis stellen konnten“, beschließt Wagner das Projekt.
Im Dezember wurden die neuen Anlagen im Marchfeld an das Stromnetz angeschlossen. Im März erfolgte dann die kommerzielle Inbetriebnahme. Ihre Leistung von 45 Megawatt entspricht dem durchschnittlichen Bedarf von 39.000 Haushalten.
